Petition: Kinder aus der sozialen Isolation holen

Kinder aus der sozialen Isolation holen

Petition: Kinder aus der sozialen Isolation holen

(Pressemeldung) Der Kindergarten ist zu. Der Spielplatz ist zu. Selbst zum Einkaufen dürfen Kinder nicht mehr mit. Auf die Frage „Wann können wir Oma und Opa noch mal besuchen?“, können Eltern ihrem Nachwuchs derzeit auch keine befriedigende Antwort geben. Wenn es beim Spaziergang mal zu einer zufälligen Begegnung mit befreundeten Kindern kommt, dann heißt es: „Abstand halten!“ – und damit eigentlich auch: „Nicht spielen!“

Und auch ein Treffen von zwei befreundeten Kindern scheint aktuell nicht möglich – denn Mama oder Papa und eventuelle Geschwister müssten ja dann von beiden Seiten mit. Wollen sich zwei Kinder treffen, könnte das also schon gleich eine „Zusammenrottung“ sein. Und den Abstand einzuhalten, ist nicht zu garantieren. Das bedeutet für den Großteil junger Kinder eine soziale Isolation über einen nicht absehbaren Zeitraum hinweg.

„Das darf nicht länger so bleiben!“, fordert nun eine Initiative von 18 Müttern. Denn: Diese soziale Deprivation gefährdet die Entwicklung der Kinder und ihre seelische Gesundheit. Sie haben deshalb auf der Onlineplattform Change.org eine Petition gestartet. Unter dem Titel „Kinder brauchen Kinder“ fordern sie die Politik zum Handeln auf. Gefunden haben sie sich über soziale Netzwerke.

 

Politik hat Familien nicht genug im Blick

Ihr Anliegen scheint einen Nerv zu treffen. Innerhalb von nur vier Tagen unterzeichneten mehr als 30.000 Personen ihre Petition. „Überall wird nach kreativen Lösungen gesucht. Aber für Kinder und Familien kommt viel zu wenig von der Politik“, sagt Stephanie Schläfer.

Wie sie als Sozialpädagogin haben auch andere der Initiatorinnen als Therapeutinnen vor der Krise mit Familien in schwierigen Situationen zusammengearbeitet. Wenn Schläfer und ihre Mitstreiterinnen nun darüber nachdenken, was der Lockdown für vergleichbare Familien bedeutet, dann machen sie sich große Sorgen. In Gefahr ist aber nicht nur das Kindeswohl in diesen Familien.

Vielmehr sieht die Initiative Kinder in einem Großteil der Haushalte in Deutschland in Gefahr. Die Vielfachbelastung, der zahlreiche Eltern aktuell ausgesetzt sind, ist nicht über mehrere Monate hinweg durchzuhalten. Die Aufgaben, die das Arbeiten im Home-Office, Familienlogistik, Haushalt, Schulaufgabenbetreuung und die Betreuung kleiner Kinder, die sehr viel Aufmerksamkeit brauchen, mit sich bringen, sind nicht im Ansatz zufriedenstellend zu schaffen. Der Druck, dem die Eltern dadurch ausgesetzt sind, überträgt sich auch auf die Kinder.

Es ist davon auszugehen, dass in dieser Situation einige Kinder psychische Auffälligkeiten und Belastungssymptome entwickeln könnten. Für Kinder mit besonderem Förderbedarf ist dies besonders dramatisch, da Therapien und unterstützende Hilfen nicht mehr in ausreichendem Umfang greifen.

Die meisten Probleme seien zudem aktuell noch gar nicht sichtbar. „Es ist davon auszugehen, dass derzeit viele Familien Probleme haben, die den Jugendämtern davor gar nicht bekannt waren“, sagt Schläfer. Zu Stellen, die melden, wenn Kinder Gewalt erleben, haben Kinder aktuell keinen Zugang.

So teilte der Deutsche Kinderschutzbund erst kürzlich mit, dass vor dem Shutdown rund 60 Prozent dieser Meldungen von Schulen, Kitas und aus Kinderarztpraxen gekommen seien. Die aber sind jetzt überwiegend zu. „Ich denke aktuell sind tatsächlich Menschenleben gefährdet“, so Schläfer. Schon vor der Krise starben laut dem Deutschen Kinderschutzbund pro Woche durchschnittlich drei Kinder in Deutschland aufgrund von Gewalt oder Vernachlässigung.

Deswegen fordern die Initiatorinnen: „Es muss eine Debatte geben!“ Einfach zu sagen, dass die Kinderbetreuung bis nach den Sommerferien geschlossen bleiben muss, ist nicht genug. „Zwischen der vollständigen Öffnung großer Einrichtungen und dem Abladen aller Aufgaben auf den Schultern der Eltern muss es eine Zwischenlösung geben”, fordert die Initiative.

 

Schrittweise Öffnung der Kitas nach dänischem Vorbild

Da vor allem Erwachsene als potentielle Virenüberträger berücksichtigt werden müssen, sollte eine Wiedereröffnung der Kinderbetreuung bevorzugt nach dem dänischen Vorbild erfolgen.

Dieses stellt hohe Ansprüche an die Einhaltung der Hygiene- und Abstandsregelungen vor allem an Erwachsene und ältere Kinder, ohne die Bedürfnisse der kleineren Kinder nach Nähe aus den Augen zu verlieren.

Für die KiTa bedeutet das unter anderem:

  • dass sich die Kinder vorwiegend draußen aufhalten
  • dass es feste Kleingruppen mit je ein:er Pädagog:in gibt.
  • Innerhalb der Kleingruppen und auch zu pädagogischen Bezugspersonen sind normaler körperlicher Kontakt und Nähe erlaubt.
  • Zwischen den Gruppen wird ein räumlicher Abstand eingehalten
  • Kleine Kinder waschen regelmäßig mit Hilfestellung die Hände
  • Zwischen Erwachsenen (Pädagog:innen und Eltern) werden die Abstandsregeln strikt eingehalten
  • Die Kinder werden an der Grundstücksgrenze abgegeben und abgeholt

Darüber hinaus fordert die Initiative eine sofortige Anpassung der Kontaktbeschränkungen für Kinder. Einzelne private Kontakte zu Gleichaltrigen unter Aufsicht Erwachsener müssen explizit erlaubt werden. Spielplätze, Parks und große Wiesen müssen unter Einhaltung der Hygiene- und Abstandsregeln wieder geöffnet werden, um Bewegung und Naturerfahrung für alle Kinder zu ermöglichen.

 

Hilfe auch für betroffene Familien

Nicht nur die Kinder selbst, auch ihre Familien sind durch die derzeit nahezu fehlenden Betreuungsangebote stark belastet. Mittel- und langfristig kann das fehlende Betreuungsangebot in vielen Familien zu starken finanziellen Einbußen bis hin zum Arbeitsplatzverlust führen und existentielle Folgen haben.

Deshalb fordern sie für Familien eine außerordentliche Elternzeit einschließlich Elterngeldzahlungen, die sich am regulären Elterngeld orientieren und Kündigungsschutz. Die Dauer des außerordentlichen Elterngeldbezuges muss zeitlich gekoppelt werden an die Dauer der durch die Pandemie bedingten Schließung beziehungsweise den eingeschränkten Betriebes von Kinderbetreuungseinrichtungen.

Antragsberechtigt sollen alle Eltern sein, die durch die genannten Maßnahmen einen nicht anderweitig kompensierten Verdienstausfall erleiden.

 

Weitere Informationen

Bilder für die Veröffentlichung sowie eine Namensliste der Initiatorinnen und weitere Informationen finden Sie auf unserer Webseite: https://kinderbrauchenkinder-petition.de

Die Petition finden Sie über unsere Webseite https://kinderbrauchenkinder-petition.de oder direkt hinter diesem Link: http://chng.it/SzLqcqyXLq

Interview mit Sabine Kohwagner bei Deutschlandfunk Kultur: https://www.deutschlandfunkkultur.de/petition-fuer-kita-und-grundschuloeffnung-die-kinder-wieder.1008.de.html?dram:article_id=475107

Übersichtsseite zum Vorgehen in Dänemark: https://www.sst.dk/da/Nyheder/2020/Vejledningerne
-for-den-gradvise-kontrollerede-genaabning-af-skoler-og-daginstitutioner-er-opd

 

Zusammenfassung unserer Forderungen:

  • Bildungs- und Betreuungsangebote für junge Kinder in einem verantwortungsvollen Rahmen zugänglich machen – zum Beispiel nach dänischem Vorbild
  • Abstandsregeln für Kinder anpassen, private Kontakte und Hilfe bei der Kinderbetreuung erlauben
  • finanzielle Hilfeleistungen für betroffene Familien in Form einer Elternzeitregelung

 

Pressemeldung der Initiatorinnen – LINK –

 

 

Image by Holger Grybsch from Pixabay
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Catrin ist eine erfahrene Autorin und passionierte Expertin für Elternschaft und Familienleben. Als Mutter selbst kennt sie die Herausforderungen und Freuden des Elternseins aus erster Hand und bringt ihre persönlichen Erfahrungen in ihre Arbeit ein. Ihre einfühlsame Art, ihr fundiertes Fachwissen und ihr breites Spektrum an Themen machen sie zu einer idealen Autorin für eltern-heute.de. Catrins Artikel zeichnen sich durch Empathie, Verständnis und praktische Ratschläge aus, die Eltern auf ihrem Weg unterstützen und inspirieren. Mit ihr an Bord können wir sicher sein, dass unsere Leser stets hochwertige und relevante Inhalte erhalten, die sie in ihrem Familienleben bereichern.